Lange Diskussion über europäische Sicherheitspolitik beim Dreikönigsessen

15.1.2016. - "Die Welt scheint aus den Fugen: Staaten zerfallen, internationale Verträge werden gebrochen, die Blasen einer blind-gierigen Finanzwelt zerplatzen, religiöser Fanatismus wie zu Zeiten der Kreuzzüge ist plötzlich wieder modern und wütet ungebremst. Und uns, die wir den Wohlstands-Istzustand so sehr lieben, dämmert zunehmend, dass diese Konflikte zu uns kommen, und dass unsere Vorstellungen, unsere Regeln, unsere Gesetze darauf keine wirkungsvolle Antwort mehr geben."

Eine so düstere Beschreibung der aktuellen Weltlage begleitete die Mönchengladbacher FDP in das neue Jahr. Beim traditionellen Dreikönigsessen der Freien Demokraten war es der Sicherheits-Experte Helmut Michelis, der in einem Impulsvortrag die Frage zu beantworten suchte, ob Deutschland gerüstet sei für den Frieden.

Michelis beschrieb das Dilemma der deutschen Politik rund 25 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges und kritisierte massiv die mangelhafte Ausstattung der Bundeswehr und die politischen Ränke hierzu. Auch machte er sich Sorgen um die Anbindung junger Menschen an den demokratischen Rechtsstaat, die früher mit der Wehrpflicht zumindest für die Männer bestanden hätte. Ob dies mit einem sozialen Pflichtjahr für alle verbessert werden kann? Diese Frage erlaubte er sich genauso wie die einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht - für Liberale eine gewagte Forderung.

Eine von der FDP ins Feld geworfene Idee einer europäischen Armee hält Michelis indes für vollkommen unrealistisch: "Es ist gerade die Bundesrepublik, die als unsicherer Kantonist eine echte europäische Armee verhindert. Das wird regelmäßig deutlich, wenn die Geilenkirchener AWACS-Frühwarnflugzeuge zum Beispiel nahe Libyen, in Afghanistan oder im Syrien-Konflikt eingesetzt werden sollen. Da gibt es regelmäßig Vorbehalte in der deutschen Politik, die ungünstigstensfalls dazu führen, dass die deutschen Soldaten dieses internationalen Verbandes nicht mitfliegen dürfen. Dummerweise stellt die Deutsche Luftwaffe aber 30 Prozent des Personals, womit die AWACS kaum mehr einsatzfähig sind. Und da sollen die Alliierten sich auf eine Lastenteilung einlassen?"

Michelis, selber Oberst der Reserve, machte die anwesenden rund 30 Gäste auch mit der Frage nachdenklich: "Passen unsere Moralvorstellungen, passen unsere Gesetze und unsere Vorgehensweisen noch auf die Herausforderungen der neuen Zeit?"

So gab es nach dem gemeinsamen Essen genug Stoff für eine ungewohnt lange Diskussion, die der scheidende Vorsitzende des FDP-Ortsverbandes MG-West, Achim Wyen, souverän moderierte.